Wo der Akku steht
Kabellose Baustelle. Ob Akku oder netzgebundene Maschinen bevorzugt werden, danach hat die SZ bei Maschinenhändlern und Schreinereien gefragt. Das Ergebnis: Es kommt darauf an. Die Richtung ist indes klar: Dem Akku gehört die Zukunft. Bleibt zu klären, wann diese beginnt.
Als atemlos kann einem die Entwicklung der Akkutechnik und der kabellosen Werkzeuge vorkommen. So machten Anfang des Jahres Schlagzeilen die Runde, wonach neue Aluminium-Ionen-Batterien mit enormer Lebensdauer entwickelt wurden. Diese sollen nach 10 000 Lade- und Entladezyklen noch unglaubliche 99 % ihrer urspünglichen Kapazität aufweisen. Zum Vergleich: Die bewährten und dem Stand der Technik entsprechenden Lithium-Ionen-Akkus bringen es auf maximal 3000 Ladezyklen.
Die Angaben der Universität von Peking über den neuen Superakku war für die Boulevardzeitung «Blick» Grund genug, um E-Autos mit Millionen von Kilometern Laufleistung am Horizont auffahren zu lassen. Dass die schon recht guten Lithium-Ionen-Batterie nicht das Ende der Entwicklung ist, steht ausser Frage. Und auch, dass derzeit die Bemühungen um immer bessere, weil leistungsfähigere, und langlebigere Speichertechnik für elektrischen Strom auf Hochtouren laufen. Nachteil der Alu-Ionen-Technik aus China soll übrigens ihr deutlich höheres Gewicht sein. Nur Vorteile gibt es eben äusserst selten. Es braucht die Abwägung und die Prioritätensetzung. Etwas, was Schreinerinnen und Schreiner offensichtlich gründlich machen.
«Ich setze auf Akku - auch in der Werkstatt. Ausser es braucht sehr viel Power über längere Zeit. Dann ist das Kabel die bessere Wahl.»Janine Zumsteg (34), WErkstattleiterin, Schreinerei Teuscher AG, Trübbach SG
«Akku ist prima» lautet eine häufige Aussage von einem kleinen Meinungsbild aus der Praxis. Das Aber kommt jedoch meist direkt hinterher. Bei längerem Gebrauch von Maschinen mit hoher Leistungsanforderung wie dem Sägen oder bei Werkzeugen, die sowieso eher an einem Ort stehen, wie der Kapp- oder der Tischkreissäge für die Montage werden die Akkuvarianten schnell zu Ladenhütern. Bei solchen Maschinen ist das Kabel die erste Wahl. Das wiederum sagen Fachhandelsbetriebe aus der Schweiz:
«Akkuwerkzeuge haben heute eine höhere Leistungsabgabe als solche mit Netzkabel.»David Meier (52), CEO und Inhaber Revotool AG, Uetendorf BE
David Meier, CEO der Revotool AG in Uetendorf BE, beschäftigt sich seit langer Zeit mit den Akkuwerkzeugen. Über seine Ladentheke gehen inzwischen fast nur noch Akkumaschinen. Und das hat Gründe. «Früher sagte man: Wenn ich richtig Power brauche, nehme ich ein kabelgebundenes Werkzeug. Heute verhält es sich umgekehrt», sagt Meier. Kabelgebundene Werkzeuge würden nicht mehr an die Leistung von Akkugeräten herankommen. Allerdings sei die Arbeitsdauer der Akkus von starken Werkzeugen oft noch ein Schwachpunkt, räumt der Experte ein.
Dies betreffe den Schreiner aber eher selten. Häufiger komme es vor, dass der Schreiner den Akku bis zum Feierabend gar nicht aufladen müsse.
«Auf der Baustelle richte ich mich gerne mit einem Arbeitsplatz samt Strom ein. Maschinen, die ich oft herumtragen muss, haben aber einen Akku.»Philipp Schlatter (33), Stv. Geschäftsführer und Projektleiter, Schlatter Innenausbau GmbH, steinmaur ZH
Es gehe aber nicht nur darum, die Kabel der Werkzeuge loszuwerden, sondern auch die Schläuche, erklärt der Experte. So sei der Hikoki-Akkunagler N1804DA für die Montage von Täfern derzeit ein Renner bei Revotool. Mit einem Schweizer Spezialfuss ausgestattet, biete dieser der Schreinerbranche eine Alternative zum Druckluftschlauch. Im Holzbau seien die Akkunagler längst etabliert. «Wenn man die Schläuche wegkriegt, fallen Gewicht, Stolperfallen und Umständlichkeit weg», weiss Meier. Vor allem der Zugewinn an Sicherheit sei bei den Akkunaglern ohne Schlauch und ohne Kabel ein stichhaltiges Argument beim Einsatz auf Leitern, Gerüsten und dem Dach. Das Mehrgewicht durch einen Akku werde durch das Fehlen des Schlauchgewichtes, das man etwa bei der Arbeit auf einer Leiter stehend zusätzlich heben müsste, wieder wettgemacht. Wobei: Der besagte Nagler wiegt exakt 2000 Gramm, ohne Klammern. Eine überschaubare Grösse für ein kabel- und schlauchloses Werkzeug.
«Ich verwende beides und schätze beim Kabel die gleichbleibende Schnittleistung. Gut wäre, wenn die leistungsstarken, aber leichten Akkus lange halten würden.»Flavio Lombris (30), Monteur, Schreinerei von Rickenbach AG, Ibach SZ
Frühere Probleme mit dem Akku habe die Lithium-Ionen-Technologie beseitigt. «Die Selbstentladung ist kein Thema mehr, und auch der Memory-Effekt ist Geschichte», sagt Meier. Neben der Laufdauer der Akkugeräte bei hohem Leistungsabruf sind auch die Kosten noch eine Bremse auf dem Weg zur kabellosen Baustelle. Der Preisunterschied bei den Akkus spiegle sich im Qualitätsunterschied wieder. Kurzum: Gute Akkus haben ihren Preis, und schon deshalb ist es sinnvoll, weniger unterschiedliche Akkus einzusetzten, mit denen unterschiedliche Werkzeuge betrieben werden.
«Die Akkus bieten viele Vorteile. Bei manchen Werkzeugen wie der Schlagbohrmaschine habe ich lieber das Kabel, dann kommt es nicht zu Problemen mit dem Überhitzen der Akkus.»Lukas Zwicker (24), Monteur, barnetta schreinerei und möbel AG, Mellingen AG
Es scheint keine Frage mehr zu sein, ob 18 Volt oder weniger doch auch ausreichend sind. Wie bei allen sich schnell entwickelnden Technologien geht die Leistung immer weiter nach oben. Inzwischen sind es 36 Volt, die an vielen Stellen zum Einsatz kommen. Etwa für leistungsstarke Handkreissägen, wie die von Mafell. Das Unternehmen verwendet dafür zwei 18-Volt-Akkus. Nachteil ist dann das höhere Gewicht, das man durch eine gute Ausbalancierung der Maschine gefühlt etwas mindern kann. Wenn eine leichte Maschine durch einseitige Gewichtsanordnung zieht, etwa kopflastig ist, dann wirkt sie schwerer, weil man stets dem Ziehen gegensteuern muss bei der Benutzung. Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, dass die Leistung mit den Akkupaketen und der Maschinenkonstruktion zusammenpasst.
«Wir haben heute praktisch kaum mehr Akkugeräte in Reparatur. Das war vor fünf Jahren noch anders.»Simon Flacher (47), Geschäftsführer Toolport AG, Neftenbach ZH
Die Qualität der Akkus ist natürlich markenspezifisch, eine Bewertung fällt schwer bei dem unübersichtlichen Feld. Auch das Zusammenspiel von Motor und Akku spielt eine Rolle. «Da gibt es Firmen, die haben das gut im Griff und andere etwas weniger», sagt Meier.
Zwar kann man Akkus heute mit entsprechender Software auslesen und so die Anzahl der Ladezyklen herausfinden, doch viel mehr Informationen scheinen noch nicht möglich. Werden Akkus noch weiter tauschbar und Maschinen mit verschiedenen Leistungen betrieben, stellt sich auch die Frage nach Langzeiteffekten. Hikoki arbeitet mit der sogenannten Multivolt-Technik. Dabei wechselt die Spannung automatisch zwischen 36 und 18 Volt, je nachdem, an welchem Werkzeug der Akku aufgesteckt wird. Hier dürfte eigentlich schon reichlich Know-know bei den Herstellern vorhanden sein, nicht zuletzt durch den Aufbau der gemeinsamen Akkukompatibilität wie das Cordless Alliance System (CAS) sowie Amp-Share mit der Weltmarke Bosch als treibender Kraft.
«Universelle Akkus und Ladegeräte für die verschiedenen Marken der Werkzeuge würden mir den Umstieg erleichtern.»Stefan Eigenmann (64), Montage und werkstatt, Schreinerei werner näf, Basel
Was Akkus immer noch nicht mögen, das ist Kälte. Schon deshalb ist es gut, wenn im Montagefahrzeug nur eine begrenzte Anzahl von Akkus der verschiedenen Marken lagern. Stillstandszeiten lassen sich vermeiden, indem man sich auf eine oder zumindest wenige Marken beschränkt. Sicher ist jeder bestrebt, möglichst wenige verschiedene Ladegeräte und Akkus zu haben, dennoch bleibt der Gedanke für nur ein System wohl meist noch Wunschdenken. Zu unterschiedlich sind die Leistungen und Fähigkeiten der Elektrowerkzeuge, als dass man nur mit einer Marke auskommen möchte. Die verschiedenen Hersteller sind zwar bemüht, ein komplettes Sortiment anzubieten, doch es stellt sich die Frage nach der Qualität der Werkzeuge und den Vorlieben ihrer Benutzerinnen und Benutzer.
«Wir bevorzugen Akkus und beschränken uns auf ein System. Eine einheitliche Akkuaufnahme wäre super.»Beat Zgraggen (49), Geschäftsführer Zgraggen AG, Göschenen Ur
«Eine Lösung für die Anwendung unterschiedlicher Akkusysteme sind Adapter», sagt Simon Flacher, Geschäftsführer der Toolport AG in Neftenbach ZH. Ein aktuelles prominentes Beispiel dafür ist die Marke Brennenstuhl. Der Hersteller von Kabeltrommeln, Baustrahlern und ähnlichen Hilfswerkzeugen hat keine eigenen Akkus. Aber er bietet Adapter für seine Bauleuchten für insgesamt elf Hersteller. Die Akkus von Bosch Professional, Dewalt, Einhell, Fein, Festool, Flex, Hikoki, Makita, Metabo CAS, Milwaukee und Würth lassen sich in der Leuchte verwenden.
Denkbar für Flacher ist auch, dass man sich bei den Schnittstellen in Zukunft auf einen Standard einigt, ähnlich wie das bei der Datenträgerschnittstelle USB geschehen ist. Wer weniger verschiedene Systeme hat, der kann die Elemente immer wieder verwenden, hat keinen Kabelsalat mit Ladegeräten, und vor allem kann man sich die Maschine aussuchen, die man möchte, ohne Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.
Solange selbst ein einzelner Hersteller mit verschiedenen, untereinander nicht kompatiblen Akkus arbeitet, scheint aber diesbezüglich noch so manches im Argen. «Nur wenige Marken haben durchgängig ein Akkusystem, und das wäre natürlich das Ziel», sagt Flacher. Aber das Ganze ist komplexer, als es scheint. So ist nicht überall eine möglichst hohe Leistung sinnvoll und gefragt, weil es auch Nachteile wie etwa ein höheres Gewicht mit sich bringt. «Ein Akkuschrauber mit einem grossen 36-Volt-Akku ist nicht gerade ein handliches Teil», so Flacher. Aber der Druck von Kundenseite auf die Hersteller, kompatibel zu werden, sei hoch, weiss der Werkzeughändler. Manche Ideen aus der Branche scheinen da auch eher eine Laune des weltweiten Marktes zu sein denn eine praktikable Lösung. So gibt es für leistungsstarke Akkupakete auch Rucksacklösungen. Werkzeug und Akkupakete als Rucksack haben dann eine Kabelverbindung miteinander.
Schrauber, Winkelschleifer, Stichsäge und viele anderen mit Akkus sind heute ausgereifte Produkte. «Bei den Akkuoberfräsen tut sich derzeit recht viel. Die werden immer besser», sagt Niklaus Bühlmann, Produktmanager Maschinen und Werkzeuge bei der Immer AG in Uetendorf BE. Aber so manch anderer Maschinentyp scheint bei vielen Schreinerinnen und Schreinern wohl noch auf längere Sicht eine kabelgebundene Domäne zu bleiben. «Bei manchen Maschinentypen laufen die Akkuversionen einfach weniger», sagt Bühlmann.
«Kapp-, Tauch- und Tischkreissäge haben genauso wie der Staubsauger meist noch ein Kabel. Akkugeräte in diesen Segmenten sind noch wenig gefragt.»Niklaus Bühlmann (29), Produktmanager Maschinen und Werkzeuge, Immer AG, Uetendorf BE
Ganz ähnlich klingt es auch bei Simon Flacher. «Die Kappsäge mit Akku findet bei uns keinen Absatz, und auch die Tischkreissägen mit Akku verkaufen wir aktuell kaum», sagt Flacher. Von allen Maschinen, die man allein gut tragen könne, sei der Anteil der Akkugeräte inzwischen bei 70 bis 80 %, Tendenz stetig steigend.